Dynamische Stromtarife sind in Deutschland noch neu, während diese in den skandinavischen Ländern sehr weit verbreitet sind. Dynamische Stromtarife bieten die Vorteile von Angebot und Nachfrage. Zusätzlich kann man durch große elektrische Verbraucher, wie dem E-Auto und Wärmepumpe viel Geld einsparen.
Was sind dynamische Stromtarife?
Gewöhnliche Stromtarife hatten bisher einen fixen Preis für jede Kilowattstunde, die man bezieht. Die Anbieter haben den Strom beim sogenannten Terminmarkt eingekauft, bei dem die Stromanbieter bis zu sechs Jahre im Voraus ihren Strom einkaufen. Bei dynamischen Stromtarifen fällt je nach Modell des Spotmarkts ein variabler Preis an, der pro Kilowattstunde geleistet werden muss. Dieser Preis richtet sich nach dem Zeitpunkt deines Bezugs am laufende Tag.
Wie funktionieren dynamische Stromtarife?
Stromanbieter von dynamischen Tarifen bieten ihren Kunden Tarife auf Basis des Spotmarkts an. Hierbei gibt es zwei Arten, die dieser Terminmarkt nutzt: Den sogenannten Day-Ahead-Markt und den Intraday-Markt.
Dynamische Stromtarife – Der Day-Ahead-Markt
Beim Day-Ahead-Markt werden Gebote bis 12 Uhr für den Folgetag angenommen. Auf Basis von Angebot und Nachfrage ergibt sich dann der Preis für den Folgetag für eine ganze volle Stunde. Ist das Angebot hoch und die Nachfrage niedrig, sinken die Preise – und umgekehrt. Dadurch ergeben sich Preisunterschiede und der Strom kann günstig eingekauft werden, wenn das Angebot hoch und die Nachfrage gering ist. Die Preise für den Folgetag werden um 14 Uhr eines jeden Tages veröffentlicht.
Dynamische Stromtarife – Der Intraday-Markt
Der Intraday-Markt nutzt die Schwankungen des Stromangebots des gleichen Tages. Dadurch können Überschüsse in der Produktion oder bei doch niedrigerem Verbrauch weiterverkauft werden. Dadurch können Ausgleichskosten eingespart werden und es führt zur Stabilisierung des Systems. Diese Art des Handels bietet die Möglichkeit, Fehlkalkulationen auszugleichen oder auf Änderungen flexibel reagieren zu können.
Dynamische Stromtarife – Wie ergibt sich der Preis pro Kilowattstunde für den Kunden?
Am Markt gibt es verschiedene Modelle die anhand der beiden Märkte dynamische Stromtarife anbieten. Teilweise nutzen Anbieter einen der beiden Märkte oder sie nutzen auch einen Mix aus beiden Marktformen, um die Preise an ihre Kunden weiterzugeben. Neben dem eigentlichen Strompreis zahlt der Kunde, ebenso wie in den „alten“ Tarifen, Abgaben in Form von Netznutzungsgebühren, Steuern, Umlagen und Abgaben. On Top kommt in der Regel noch eine Ausgleichskomponente die bei etwa 3% liegt.
Voraussetzung um Tarife nutzen zu können
Damit auch die Erfassung des Stromverbrauchs für die neuen Stromtarife sauber funktioniert, ist ein sogenanntes Smart Meter Voraussetzung. Ein Smart Meter wird auch häufig als intelligente Messeinrichtung bezeichnet. Dieses Smart Meter ist ein digitaler Zähler, der um eine Kommunikationseinheit zur Datenübertragung erweitert ist. Dies bietet den Vorteil, dass die Daten zum Stromverbrauch direkt übertragen werden können. Auch werden über das Smart Meter künftig Verbraucher wie E-Auto und Wärmepumpe nach §14a EnWG gesteuert, das dem Kunden wiederum Kostenvorteile bringt. Die Durchdringung der Smart Meter ist in Deutschland Stand Mai 2024 noch bei unter ein Prozent!
Der Austausch beziehungsweise das Upgrade eines bestehenden Zählers zum Smart Meter übernimmt grundsätzlich der örtliche Verteilnetzbetreiber. Allerdings bieten einige der Stromanbieter auch Drittdienstleister an, die den sogenannten Messstellenbetrieb übernehmen. Viele Verteilnetzbetreiber bieten aktuell noch keine Smart Meter an, weshalb sich der Messstellenbetrieb durch Drittanbieter lohnt. Die örtlichen Verteilnetzbetreiber sind erst ab 2025 verpflichtet, ein Smart Meters anbieten zu müssen.
Dynamische Stromtarife – Anbieter
Mittlerweile gibt es einige Anbieter von dynamischen Stromtarifen. Das Angebot unterscheidet sich in Bezug auf den gewählten Handelsmechanismus und des Messstellenbetriebs. Es gibt Anbieter, die einen fixen Preis pro Kilowattstunde bereitstellen, die nur für große Verbraucher für Wärmepumpe und Elektroauto eine gewisse Flexibilität des Verbrauchs einfordern oder ein Bonussystem anbieten.
Tibber – Anbieter mit eigenem Smart Meter
Der Stromanbieter Tibber ist einer der ersten Anbieter von dynamischen Stromtarifen. Mit seinem Tarif und dem Pulse ermöglicht er auch ohne Smart Meter die Vorteile eines dynamischen Tarifs. Der Pulse sendet dabei die Daten an Tibber und der Verbrauch kann über App nachvollzogen werden. Sollte man bereits ein Smart Meter besitzen, kann der Pulse optional genutzt werden, um über die App die Verbrauchsdaten einzusehen.
Tibber bietet mit dem dynamischen Stromtarif die Möglichkeit, auf Basis des Day-Ahead Markt einen Vertrag abzuschließen. Außerdem bietet Tibber die Möglichkeit, das Elektroauto zu laden. Notwendig ist hierfür ein kompatibles E-Auto oder eine kompatible Wallbox.
Außerdem gibt es noch einen monatlich dynamischen Tarif. Der Tarif wird monatlich abgerechnet und man bezahlt einen Mittelwert basierend auf den Daten des eigenen Monatsverbrauchs. Dieser richtet sich nach dem Day-Ahead Preis und variiert deshalb auf Basis des Durchschnittsstrompreises dieses Marktes. Dieser Stromtarif ist mit jedem Zähler möglich.
Octopus Energy – Smart Meter Installation inklusive
Bei Octopus Energy können sowohl dynamische Stromtarife für den Hausverbrauch wie auch für das E-Auto genutzt werden. Beim Smarten Laden des Fahrzeugs wird dies, wie bei Tibber, durch einen kompatiblen Autohersteller oder eine kompatible Wallbox ermöglicht. Ein Vorteil den Octopus Energy seinen Kunden bietet ist die kostenlose Smart Meter Installation durch BlueMetering (Stand Mai 2024). Octopus Energy bietet nach meinen Recherchen die Tarife mit Festpreis an, die sich in ihrer Vertragslaufzeit und -bindung unterscheiden.
tado – Stromanbieter mit Smarthome Integration
Der Tarif von tado folgt ebenfalls dem Day-Ahead Markt. Auch tado bietet Smart Charging via unterstützendem E-Auto Hersteller oder einer kompatiblen Wallbox. Voraussetzung um den Tarif nutzen zu können ist ebenfalls ein Smart Meter. Leider bietet tado keine Unterstützung beim Einbau eines Smart Meters und verweist laut Webseite nur auf den örtlichen Netzbetreiber. Nicht jeder Netzbetreiber in Deutschland installiert aktuell bereits Smart Meter. Bis zum Zeitpunkt der Smart Meter Installation kann man bei tado zu einem fixen Monatstarif, seinen Strom buchen. Die Abrechnung beim Monthly genannten Tarif, erfolgt monatlich und der Preis für den kommenden Monat wird dir im Vormonat mitgeteilt und ist fix.
Der Anbieter hat ein Alleinstellungsmerkmal: tado bietet Smart Devices an, die Matter unterstützen. Man kann über den Produktfinder prüfen, welches Zubehör für einen in Fragen kommt. tado gewährleistet dadurch die Interoperabilität zum dynamischen Stromtarif.
eyond – Stromtarif zum „Fixpreis“ mit Bonus für flexible E-Mobilisten
Bei eyond von The Mobility House handelt es sich nicht um einen typischen dynamischen Tarif. Hier erhält der Kunde einen monatlichen Fixpreis pro Kilowattstunde auf Basis seines Jahresverbrauchs. Durch sogenannte FlexCoins kann über ein Elektrofahrzeug Geld gespart werden. Die FlexCoins erhält man durch seine Flexbilität beim E-Auto-Laden und das funktioniert wie folgt: Man stellt in der eyond App den gewünschten Abfahrtszeitpunkt und Ladestand (SoC) ein. Anhand dieser Parameter ergibt sich ein Ladefenster, das eyond nutzt um auf Basis des Intraday Handels das Laden des Autos zu unterbrechen. Der Ladevorgang wird in einem 15-Minuten-Fenster pausiert, wenn es der Intraday Markt benötigt. Der Wert eines FlexCoins entspricht pro Kilowattstunde 10 Cent und wird als Bonus ausgezahlt. Dieser Tarif bietet die Sicherheit einen Fixpreis pro Kilowattstunde zu erhalten und bei Einbringen der Flexibilität des Ladens eines Elektroautos einen Bonus zu erhalten.
Voraussetzung zur Nutzung des Tarifs ist ebenfalls ein Smart Meter. Die Beauftragung zum Einbau eines Smart Meters kann beim Abschluss des Tarifs beantragt werden und wird durch den Dienstleister BlueMetering durchgeführt. Die jährlichen Kosten für den Betrieb des Smart Meters liegen bei
- 99 EUR (bis 3.000 kWh/Jahr),
- 69 EUR (3.000 – 6.000 kWh/Jahr),
- 40 EUR (6.000 – 10.000 kWh/Jahr) und
- 50 EUR (10.000 – 20.000 kWh/Jahr)
Und sind vergleichsweise gering im Vergleich zu anderen Mitbewerbern (Stand Mai 2024). Die Steuerung des Ladevorgangs wird dabei durch das E-Auto selbst vorgenommen. Hierzu kann man auf der Seite von eyond prüfen, welches Fahrzeug kompatibel ist.
Ostrom – Start-Up aus Berlin
Das Berliner Start-Up Ostrom bietet neben seinem fixen Arbeitspreis SimplyFair auch den dynamischen Tarif SimplyDynamic auf Basis des Day-Ahead Marktes an. Das E-Auto lässt sich über eine Schnittstelle bei einem kompatiblen Hersteller oder über eine kompatible Wallbox smart laden. Ebenso lässt sich die Wärmepumpe smart nutzen. Ostrom bietet auch einen Service zur Smart Meter Installation. Die Preise für den jährlichen Betrieb sind allerdings relativ hoch. Bei einem Strombezug über 4.000 kWh fallen 99,95 EUR zu Buche und darunter werden 349,00 EUR fällig. Insbesondere für Betreiber einer PV-Anlage die meist weniger Netzbezug als 4.000 kWh im Jahr haben, sind die Betriebskosten für das Smart Meter im Vergleich zu eyond hoch.
1KOMMA5° – All-in-One Anbieter mit eigenem dynamischen Stromtarif
Das Start-Up 1KOMMA5° das sich als Rundumsorglosanbieter für Photovoltaik, Heimspeicher und Wärmepumpe einen Namen macht, bietet ebenfalls einen dynamische Stromtarif an. Voraussetzung hierfür ist neben einem Smart-Meter auch die hauseigene Hardwarekomponente, der Heartbeat.
Der Preis je Kilowattstunde setzt sich bei diesem Anbieter anders zusammen. Neben den Kosten der Softwarekomponente Energy Trader in Höhe von 9,99 EUR monatlich fällt noch eine „Grundgebühr“ namens Dynamic Pulse in Höhe von 4,49 EUR monatlich an. Diese vier Voraussetzungen (Smart Meter, Heartbeat, Energy Trader und Dynamic Puls) ermöglichen einen Kilowattstundenpreis von mindestens 15 Cent. Dieser Preis richtet sich nach der Zone in denen sich der Stromkunde befindet. Die Unterteilung in diese vier Zonen ist laut 1KOMMA5° deshalb notwendig, da sich die Netzentgelte etc. in Deutschland unterscheiden. Deshalb liegt der Arbeitspreis (Stand Mai 2024) bei
- Zone 1 bei 15 Cent/kWh
- Zone 2 bei 17 Cent/kWh
- Zone 3 bei 21 Cent/kWh
- Zone 4 bei 23 Cent/kWh
Bis vor kurzem war das Konzept auch nur für hauseigene Anlagen von 1KOMMA5° verfügbar. Nun wird dies auch für Bestandsanlagen anderer Hersteller angeboten. Ob das jeweilige System hierfür retrofit ist, kann über ein Formular auf der Website geprüft werden.
Laden des Heimspeichers durch Dynamische Strompreise
Einige Photovoltaik Anlagen Besitzer, darunter auch ich, haben einen Batteriespeicher um den überschüssigen Strom aus der Solarerzeugung zu speichern. Wenn man sich mit dynamischen Stromtarifen befasst, kommt einem der Gedanke, gerade in den Dunkelmonaten (Oktober bis März) den Speicher als Marktspeicher zu nutzen. So könnte zu günstigen Preisen der Strom eingekauft und zwischengespeichert werden, um in Hochpreiszeiten einen Netzbezug zu vermeiden. Leider gibt es hierbei regulatorische Hürden (Stand Mai 2024). Grund hierfür ist, dass die Batteriespeicher zusammen mit dem EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) gefördert wurden und deshalb auch nur ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien (und/oder Grubengas), geladen werden dürfen. Da hier nicht zu 100% nachgewiesen werden kann, dass der Strom der bezogen wird aus erneuerbaren Energien stammt, gibt es hierfür aktuell noch keine Möglichkeit seinen Heimspeicher zu laden. Perspektivisch soll dieses Problem allerdings durch einen sogenannten Herkunftsnachweis durch Zertifikate ausgemerzt werden. Bis wann jedoch mit einem Konzept zu rechnen ist, dass das Beladen des Speichers mit Netzstrom zulässt, ist nicht bekannt. Aktuell dürfen die Speicher nur im Rahmen eines „Batterietrainings“, das der Schädigung des Akkus vorbeugen soll, be- und entladen werden.
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Quelle Titelbild: Volkswagen
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